American Pie

Es fehlen mir schon eine Weile die Worte.
Es fehlen die Worte zu beschreiben, wie sich das anfühlt.
Es fehlen die Worte zu beschreiben, wie sich das anfühlt, wenn dann eine Gewissheit nach der Anderen sich ins nichts verflüchtig oder sich in ihr Gegenteil verkehrt.

Privat hatte ich das vor einer Weile, was sich, angesichts der Dimension des Dramas, für meinen Teil letztendlich leidlich klar und dadurch gestärkt, in halbwegs angemessener Frist, lösen ließ.

Die aktuelle Gesamtgemengelage um mich herum  ist bedeutend schwieriger zu kompensieren.

Die Lage der ‚Welt an sich‘ und die Zustände in Stadt und Land hier sind eigentlich längst Anlas zum verzweifelten Haare raufen genug aber dann gibt ja auch noch Amerika. Genauer die USA.

In weitestgehende Abstinenz von Medien, besonders von den ‚sozialen‘ hab‘ ich mich schon länger verpflichtet, was allerdings nicht verhindern kann, dass ich als denkender Mensch mich zumindest so weit mit dem Gesamtzustand des Habitats beschäftigen muss, dass ich das Gefühl habe halbwegs ‚im Bilde‘ zu sein.

Das bildet sich dann in ‚Information-deepdives‘ ab, welche ich mir immer dann leiste, wenn ich mich resilient genug wähne ein paar von den Bitterpillen einzuwerfen.

Aufgewachsen mit ‚den Amis‘, was ein hohes Maß an Identifikation mit sich gebracht und das Leben an vielen Stellen entscheidend mit geprägt hat.

Kultur, Musik, Sprache, Geschichte und dieser immense Gegensatz zwischen der Fähigkeit zu Vielschichtigkeit bis hin zur Poesie versus bedrückende Einfachheit im Denken und Handeln, welche ebenso prägend wirken.

Was es in mir auslöst zu Erleben wo ‚das ALLES‘ hin driftet in diesen Tagen ist mit Worten alleine nicht zu fassen und es wären auch zu viele, die außer mir kaum jemanden interessieren dürften und mit den Menschen, die es interessiert stehe ich im persönlichen Kontakt.

Was ich jedoch in ‚die Welt‘ entlassen möchte ist eine Ressource, die mir wertvoll scheint, diese Bullshit-Überschwemmung zumindest im Falle der Zustände in den USA meiden zu können.

Wenn die Fratzen nicht mehr sehen kann und will aber trotzdem die Notwendigkeit anerkennt halbwegs im Überblick zu haben, was die Faschos so starten, dem sei folgende Website auf’s ALLERWÄRMSTE ans Herz gelegt!!!

https://www.trumpactiontracker.info/

Intro:
‚Wir dokumentieren die Handlungen, Äußerungen und Pläne von Präsident Donald Trump und seine Regierung, die eine Bedrohung für die amerikanische Demokratie darstellen könnten, da die Beginn seiner zweiten Amtszeit im Januar 2025.

Jede Aktion wird einer oder mehreren von fünf großen Domänen von Autoritarismus und trägt dazu bei, einer zutiefst besorgniserregenden politische Entwicklung. Jeder Eintrag enthält einen Quelllink und Datum. Sie können die Aktionen nach Domäne, nach Datum oder nach Freitextsuche.

Die vollständige oder gefilterte Liste der Aktionen kann als CSV-Datei unter einer Creative-Commons-Lizenz heruntergeladen werden.

Wir bieten Visualisierungen aller Aktionen im Laufe der Zeit und im Laufe der Zeit innerhalb des Bereichs, wo Sie den Mauszeiger über Punkte bewegen können, um weitere Informationen zu erhalten.

Sie können fast täglich 3-minütige Video-Updates der neuesten Aktionen auf YouTubeTikTok verfolgen oder hier eine Podcast-Version abonnieren.

Dies ist eine kostenlose Ressource, die von Professor Christina Pagel in Großbritannien und ein paar brillante Freiwillige. Lesen Mehr über das Team hinter dieser Website und wie wir die Domains vergeben, finden Sie auf unserer Über uns-Seite.‘

here we go crazy…

Bob Mould hat mit 64 Jahren wieder ein Album veröffentlicht. 5 Jahre nach ‚Blue Hearts‘ kommt ‚Here we go crazy‘ exakt so auf die 12, wie man es in diesen so surreal anmutenden Tagen braucht um sich zu Rückgrat und Haltung zu straffen und gegen jedwede Disruption den Halt nicht zu verlieren egal wie heftig der Boden schwankt.

‚Anger is an energy’…still!

Sein 15. Solo Album fällt nicht ab, was eben dieses Energielevel, die Dichte der rohen Kompaktheit bedingt, kongenial umgesetzt mit Bassist Jason Narducy und Schlagzeuger Jon Wurster und verbunden mit hymnischen Höhen, die Moulds in Würde gereifte Stimme breiter und facettenreicher werden lassen.

38 Jahre nach dem Ende von ‚Hüsker Du‘ und der folgenden, ebenso genreprägenden ‚Sugar‘ Phase, ist Mould immer noch der Humus aus dem im Verlauf Protagonisten wie Walter Schreifels (Quicksand / Rival Schools) ihre Blüten kultivierten. Da ist die jeweils absolvierte ‚Berlin Phase‘ nur die kleinste Parallele, Songwriting und Trio Energie sind die Anderen.

Leider kommt Mould für Live erst im Herbst nach Berlin….mal schauen, wie Stadt, Land und Welt bis dahin aussehen…here we go *****

Jetzt beginnt etwas Neues…

Es ist hohe Zeit den Erkenntnissen der letzten Wochen und Monate Taten folgen zu lassen.
Die Welt,, wie ich sie kannte, ist an allen denkbaren Fronten gehörig aus den Fugen.
Das verursacht eine Meng Bewegung.

Zu viel Macht bei unguten Leuten!
Die META Produkte sind stillgelegt.
Tempo raus Sorgfalt rein!

Ich gehe nach 15 Jahren zurück auf los in eine Existenz ohne Facebook und Whatsapp.
Das wird mein Sozialleben und meine Informationswelt ebenso radikal verwandeln, wie es das Aufkommen von ’social media‘ und ‚messaging‘ damals getan haben.

Mehr Gedanken, Erlebtes und Empfundenes dazu ab hier in der #seinsmeisterei

salut 18924

Die Uhr gegenüber am U-BHF zeigt schon seit geraumer Zeit fünf nach vier.
Es wäre Zeit da mal servicemäßig einzugreifen aber der gelbe Herzchen Betrieb hat derzeit abartige Probleme im oben verlaufenden Kerngeschäft und insofern nachvollziehbar andere Prioritäten.

Salut

Es ist Mittwoch und uns wird ein Spätsommer der ganz feinen Sorte gegönnt. Vierundzwanzig Grad und Vollsonne, wie dieser Tage Vollmond war. Es macht ein abartig schönes Licht und es ist ein Genuss ohne Druck die Notwendigkeiten des Tages mit dem Rad zu erledigen.

Da zum siebzehn Uhr Termin nur eine halbe Stunde Pedal zu veranschlagen ist bleibt Zeit für ein kleines Gedeck bei Salut. Schwarztee, süß und mit Milch, dazu eines dieser unfassbar lecker, furztrockenen Nusshörnchen, die im Zusammenspiel mit dem Tee im Abgang genau die richtige Konsistenz erreichen und etwas für zuhause. Zwei dieser unfassbaren Mandelhörnchen.

Dankbar um die Flexibilität des Arbeitstages, die mich diese Pracht so komfortabel nutzen lässt, hab‘ ich an diesem Nachmittag alles an der Schippe was an Verpflichtungen zu erledigen ist und dafür Wege innert der Stadt braucht.

Diese führen über X-Berg, was ich billigend in Kauf nehme und nach längerem Meiden dieses Spreeufers mit der Mußestunde hier entschärfe. Der Lampenmann wartet um fünf und es ist halt nur eine halbe Stunde Weg.

Unter anderem liebe ich diesen Ort so sehr, weil hier 24/7 Leben stattfindet. Um diese Zeit jetzt, am Nachmittag um diese Jahreszeit ist der Schatten vor der Bäckerei nicht ganz so notwendig wie im Hochsommer und der bunte Strom der Passanten irgendwie entspannter als unlängst bei über dreißig Grad. Zu Fuß, auf’m Rad oder hupend im Auto.

Sprichwörtlich jede Sorte Mensch kommt hier vorbei. Die Menschen so unterschiedlich wie die Fahrräder, die Helme oder die zur Schau getragenen Tätowierungen der sommerlich leicht bekleideten Stadtindianer*innen. Mit jedem Jahr mehr Haut, so zumindest mein Eindruck.

Das beruhigende fünf nach vier auf der Uhr gegenüber hat mich jetzt doch, es ist bereits kurz vor halb fünf und ich muss mich sputen.

Bis zur Danziger, rauf mit Musik im Ohr, gleichmäßiger Tritt und grüne Welle, über’s Frankfurter Tor, hinauf und am Bersarin Platz genauso gleichmäßig selbstverständlich rechts an den vor der Roten Ampel stehenden Radlern vorbei über’n Fußweg, wie man das im Flow halt so macht bei strahlendem Sonnenschein in Eile. Die Stelle ist bekannt und der Fußweg breit genug für mich und die bei grün anlandenden Fußgängern, hinter mir eine Radlerin, welche das Manöver exakt kopiert.

Ausgang Revaler schert dann der Streifenwagen quer vor uns mit Blaulicht ein uns zu stoppen.

Die Szene en Detail zu beschreiben ist mir zu schmerzhaft, vor allem ob der verbrannten mindestens 120€, welche der jungen Frau, die sich als Bulgarin erweist, deren Wohnsitz trotz Ausweis wohl etwas komplizierter zu klären ist, vermutlich nochmal schmerzhafter sind als mir. Immerhin ist es gelungen von den Beamten unbemerkt die Pods aus den Ohren in die Hosentasche zu transferieren.

Ich versuche den Gram möglichst klein zu halten, was halbwegs gelingt, zumal die Ermahnung des deutlich, sachlich, freundlichen Beamten völlig berechtigt und angebracht ist, was mir natürlich auch klar ist.

Ohne Pods geht’s weiter via Lampentermin zum See, wo ich mich in die bergende Nussschale der ZKB zurückziehe, und versuche dem Tag eine 50/50 Regelung ab zu gewinnen indem ich dies zu Ende schreibe.

Den Rest des Tages rettet die Tochter mit Ihrem Charme und der Freude über ein gemeinsam genommenes Wunsch Abendessen in Form von Flammkuchenzeugs als Vorspeise, sowie Kartoffeln mit Kräuterquark und Kohlrabi Gemüse hernach.

Kochen trägt erfahrungsgemäß positiv zur Beruhigung jeglichen Grams bei. Ein Umstand, der lange nicht unwesentlich zur Eskalation meines Körpergewichtes beigetragen hatte. Inzwischen hat sich das normalisiert und die Versuchung eines Nachtischs sind, in Form der Mandelhörnchen, durch den eiligen Aufbruch vergessen, bei Salut auf der Bank geblieben. Wer auch immer sie auf die Hüfte bekommen hat. Sie werden geschmeckt haben.

ICE 504

Vorbehaltlich des, völlig am ursprünglichen Plan vorbei aus dem Ruder gelaufenen, Aufenthalts im Bayrischen, der hier nicht her gehört, erreiche ich den ICE 504 München – Hamburg Altona via Berlin.

Das Zeitpolster zum Umstieg von der S-Bahn ist ok bemessen. Trotzdem ist mir der rappelvolle Bahnhof schwer. Hektische Menschen überall und da ich irgendwie doof ausgestiegen bin braucht die Orientierung einiges an Energie. Der Weg durch das Münchner HBF-Baustellenchaos einmal die ewige, unterirdische Mall entlang und dann Slalom durch die Passantenflut.

Das Gefühl noch ‚irgendetwas‘ zu mir nehmen zu müssen veranlasst mich zum Kauf einer Bretzel und eines Ayran. Ich erreiche Gleis 20 früh genug um noch zu essen und zu rauchen, bevor der bereitstehende Zug geöffnet wird. Voller Bahnsteig – voller Zug. Um nicht in der übliche, hektische Gedränge zu geraten steige ich ziemlich als letzter ein, lasse mir Zeit.

Ich erreiche meinen Platz, stelle enttäuscht fest, daß auch der Sitz neben mir (Gang) besetzt ist. Es braucht einen Moment bis ich sortiert bin und alles so bei mir habe, daß auch mein Rucksack im oberen Gepäckabteil verstaut werden kann ohne das ich ständig wieder ran muss.

Abfahrt fast pünktlich, Buch vor die Nase. Viereinhalb Stunden sollten reichen um ‚Krach‘ von Tijan Sila fertig zu lesen. Zwei Reihen weiter telefoniert ein jungscher, stylischer Koch mit seinem Cateringunternehmen und gibt Anweisungen zu Ausfrieren von Beeren für den nächsten Tag. Er überlegt lautstark, wie sie mit ihren begrenzten Kapazitäten 360 Portionen Apfelstrudel ‚in Time‘ auf die Reihe bekommen ‚….das kann man nicht vorkochen!‘

Das Gespräch dauert nun schon eine Weile und fängt an zu nerven. Konzentration auf den Punkrockroman geht so gar nicht. Der wortlose Typ neben mit tindert ungehemmt in sein Smartphone, wenn ich wollte könnte ich jedes Wort mitlesen.

Ich widerstehe der Versuchung und suche weiter nach Konzentration. Das führt dazu, dass ich frühzeitig spüre, wie mir schlecht wird. Das Gefühl kenne ich. Vermutlich war das schnell konsumierte Joghurtgetränk für meinen bekanntermaßen laktosekritischen, alternden Stoffwechsel doch zu viel. Es bleibt nicht viel Zeit.

Bis Kollege Nachbar sich erhoben hat, was offensichtlich eine Zumutung bedeutet, vergeht ein Moment. Platz 88 ist ziemlich in der Mitte des Wagons und ich wende mich nach rechts. Beim gehen zwischen den Sitzen wird mir schwindelig. Ich muss mich an den Sitzlehnen abstützen, bekomme die ersten Blicke der Menschen noch mit, realisiere aber nicht, dass etwas GAR NICHT in Ordnung ist. Ich will einfach auf jeden Fall vermeiden mitten in einen randvollen ICE zu kotzen und überhaupt scheint mir das WC gerade als einzig adäquater Aufenthaltsort. Emergency exit.

Ich erreiche das Ende des Wagons, stur die Zugtoilette ansteuernd.

Cut. Synkope.

Als ich wieder zu mir komme liege ich mittig im Zwischenraum und es sind schon sichtlich besorgte Menschen um mich bemüht. Eine junge Frau sitzt neben mir auf dem Boden, versucht beruhigend zu wirken und bedeutet mir mich nicht zu bewegen. Ihr Freund stürmt los Richtung Dienstabteil um den Zugbegleiter zu informieren. Sehr schnell erscheint dieser, peilt die Lage und verschwindet wieder. Ganz kurz danach über die Bordlautsprecher die Frage nach im Zug befindlichem medizinischem Personal.

Innert weniger Minuten arbeiten ein Rettungsassistent, ein Rettungssanitäter und ein Arzt an und mit mir. Ich muss gefallen sein wie eine Eiche. Linksseitig bin ich wohl mit dem Kopf hart angeschlagen, was SOFORT eine irre Beule auf meiner hohen Stirn verursacht. Auch der linke Oberschenkel macht sich bemerkbar. Hier baut sich der Schmerz aber eher langsam auf.

Ich bekomme Wasser gereicht, darf mich aufsetzen und anlehnen, was die absolut angenehmere Position ist. Ein Arzt kommt dazu und der bordeigene Notfallkoffer. Die Herbeigerufenen arbeiten beeindruckend professionell zusammen und ich merke, wie ich mit etwas Verzögerung auch in der Situation ankomme. Erster klarer Gedanke: wenigstens keine ‚Gaffer‘.

Gefühlt tausend Fragen. Sind sie Herzkrank, Diabetiker, Asthmatiker, Alkoholiker und so weiter.
Dabei Blutdruckmessung (tiefster Keller), Zuckertest (‚jetzt pikt es kurz‘) und seitens des Arztes die üblichen neurologischen Schnelltests. Ich antworte möglichst konzentriert, kooperiere, wo notwendig und fühle keinerlei Angst. Wenn ich hier etwas nicht bin, dann alleine.

Mir geht es zunehmend besser. Vorige Woche habe ich mit meiner Ärztin noch besprochen ob wegen der massiven Gewichtsabnahme der letzten Monate die Dosis der einzunehmenden Blutdrucksenker angepasst werden sollte. Wir haben uns auf engmaschigere Dokumentation in diesen Tagen geeinigt, damit sie eine bessere Entscheidungsgrundlage hat. Fast vierzig Kilo in zehn Monaten, ein Kilo pro Woche im Schnitt sind für den Körper schon heftig aber bisher ging es mir damit ausnehmend gut.

Nach Erörterung der Vorgeschichte und weiteren neurologischen Tests (Hände im Kreuzgriff zunehmend fester drücken, Finger folgen etc.) legen die drei sich bis eben vollkommen Fremden Herren eine absolut professionelle Zusammenfassung des Zustand nebst Einschätzung der als notwendig erachteten nächsten Schritte auf’s ICE-Zwischenraumparkett.

Ich kann folgen, finde Aspekte wie ‚außerplanmäßiger Halt‘, Notarzt, Klinik etc. dann vielleicht doch ein wenig hoch gehängt. Mir war schlecht, ich hatte einen Kreislaufkollaps und bin (echt doof) gestürzt. That’s it.

Da ich mich zunehmend besser fühle fange ich an die Fürsorge als leicht übertrieben zu empfinden, respektiere aber die große Ernsthaftigkeit meiner Helfer und äußere mich erst als ich nach meiner Meinung gefragt werde. Meine These ‚wird schon besser, möchte nach Berlin‘ kontert der Arzt brottrocken mit der Frage ob ich denn Kinder habe. Als ich das bestätige erklärt er mir kurz die beiden Fakten, die ihn zu seiner Einschätzung bringen. Ich war wohl annähernd zwei Minuten bewusstlos. Alles über 30-60 Sekunden ist wohl bedenklich und macht weitere Abklärungen nötig.

Die Beule am Kopf ist Tennisballgroß und er hält ein CT für dringend geboten, damit lebensgefährliches wie unentdeckte Gehirnblutungen ausgeschlossen werden können. Die Umstehenden sind seiner Meinung. Zuletzt spricht die junge Frau, die anfangs bei mir saß und teilt mir mit, dass auch sie mir sehr dankbar wäre, wenn ich zustimme. Sie ist sichtlich angefasst.

Minuten später verkündet der Bordlautsprecher den außerplanmäßigen Halt in Ingolstadt wegen eines medizinischen Notfalls, der Zugbegleiter und zwei Fahrgäste kramen meine Sachen aus dem Wagon, packen alles ein, nebst im Gelbeutel (Kleingeldfach, damit er beim Auspacken der Krankenkassenkarte nicht aus Versehen verloren geht) verstautem Zettel, der mich ‚später‘ ggf. zur Weiterfahrt berechtigt. Da hab‘ ich aufgrund des Sparpreistickets zwar wenig Hoffnung aber das Bemühen ALLER rührt mich und das Ticket ist jetzt echt das Unwichtigste.

Ich habe ‚den Hut abgegeben‘. Ab hier bin ich teilnehmender Beobachter meiner selbst und der Action drumherum einschließlich der Interaktion mit den Menschen um mich herum, die nach wie vor so professionell wie freundlich ‚meine‘ Angelegenheit regeln.

Ingolstadt, die Notfall Kavellarie am Bahnsteig, Türgenau. ‚Strukturierte Patientenübergabe‘ unter Profis, die schnelle Entscheidung, dass ein ‚Arbeiten‘ am Patienten besser im Fahrzeug stattfindet, kurzer Händedruck mit dem Arzt aus dem Zug und ‚Dank an Alle‘.

Dann Bahnsteig, Aufzug, Bahnhofshalle auf der Liege, immer begleitet vom freundlichen, straighten jungen Notarzt, der in jeder Sekunde ‚Kontakt hält‘, dem der genaue Beobachtungsmodus im Gespräch anzumerken ist, ohne dass es ‚unlocker‘ wäre. Straightness ohne Hektik, ständige Kontrolle ob ich nicht doch noch einmal abkippe. Der Ausstieg aus dem Zug, aufrechte Haltung war grenzwertig, hinlegen auf die Trage war gut. Ich fange an zu verstehen worum es geht, mein Kreislauf ist einfach nach wie vor instabil. Die beständige Frage nach Brustschmerzen, Luftnot etc., die ich freundlicherweise konsequent verneinen kann tut das Übrige.

Im RTW dann das choreografierte Vollprogramm. Vitalfunktionen, Zugang, EKG, neurologische Basisuntersuchungen und immer wieder die Direkte Ansprache zu organisatorischem. Krankenkassenkarte: Oben im Rucksack im Geldbeutel innen. Keine weitere Erklärung nötig, der junge Mann hat das selbe Modell. Im Hintergrund, ich habe sie bis zum Ende nicht einmal gesehen, die leitende Notärztin, die Ausbilderin des jungen Kollegen, der fertiger Arzt, gerade das Notfallhandwerk lernt. Bayernluxus….gleich zwei Ärzte an Bord….in Berlin undenkbar.

Als ‚running gag‘ immer ein bis zwei Bienen im Fahrzeug, der junge Arzt ist allergisch.
Die straffe Anspannung löst sich langsam als die Ärzte und der leitende Sanitäter vor dem Fahrzeug Bestandsaufnahme machen und das weitere Vorgehen beraten.

Mega Bürokratie an Formularen und Zeugs. Name der leitenden Notärztin? ‚Notarzt – Süd‘….Du glaubst Doch nicht, daß ich da meinen Namen angebe. Die sollen erst mal schauen, wer Dienst hatte wenn sich jemand beschwert…‘. SO – Genau so. Fühle mich aufgehoben bei Menschen!

Nach Beschlusslage führt der Weg mit moderatem Blaulicht ins ca. 30 Kilometer entfernte Neuburg an der Donau, da in Ingolstadt alle internistischen Kapazitäten abgemeldet sind und keine akute Lebensgefahr, die zur ‚Zwangsbelegung‘ berechtigt hätte vorliegt.

Der Weg ohne Notarzt, da mein Gesamtzustand eingedenk der verabreichten Medikamente, Infusion etc. als ‚stabil genug‘ beurteilt wird. Trotzdem steht die nächste Einsatztruppe zu fünft auf Position im Schockraum 1 des St. Elisabeth Klinikums in Neuburg. Ungebremster Einritt mit der Anmerkung, wir sind er ‚E xxx‘ (nicht gemerkt) aus Ingolstadt und schon öffnen sich die Automatiktüren in die Retterei.

Hier nach erfolgter ‚strukturierter Patientenübernahme‘ das Vollprogramm zum Dritten. Alle Fragen noch einmal, alle Kabel noch einmal, ein zweiter Zugangein Medikament gegen die andauernde Übelkeit. Die leitende Oberärztin, ein wunderbar freundliches und ebenso bestimmendes Wesen osteuropäischer Provinienz nimmt sich den erstmöglichen Moment um mich über ihre Sicht der Dinge aufzuklären.

Ich sehe die Monitore mit meine Vitaldaten, höre das ständige Piepen in verschiedensten Tonlagen und Rhythmen spüre die Menschen, die sich konzentriert arbeitend um mich herum bewegen und höre Ihrer Einschätzung.
Mein Kreislauf kommt nicht so in Gang, wie er sollte, die Sauerstoffsättigung des Blutes lässt sehr zu wünschen übrig und die Ursache nach wie vor unklar.

Um eine innere Kopfverletzung auszuschließen ordnet sie ein CT an und zum Lunge röntgen soll ich auch auf jeden Fall. Die beständige Frage nach Luftnot, Beklemmungen im Brustkorb, Atemschwierigkeiten erklärt sich daher. In der Lunge wird zu wenig Sauerstoff ins Blut angereichert obwohl ich inzwischen an deinem Schlauch hänge, der mir diesen in Reinform direkt in die Nase bläst.

Ultraschall vom Herzen wird auch gemacht und später noch diverse Tests. Ich müsse auf jeden Fall bis morgen bleiben, ggf. auch das Wochenende weil sie gerne ein Langzeit EKG hätte. Die Bewusstlosigkeit im Zug war einfach zu lang, man sollte genau nachschauen.

Formalitäten, Überwachung und ca. 15 Minuten später kommt ein freundlicher Mensch mit Rollstuhl und macht das Geschläuch an mir nebst Sauerstofflasche und Infusion transportfähig.
Assistiert von zwei Pflegemenschen darf ich mich aufrichten und auf den Rand setzen. Erster Bodenkontakt seit ich auf dem Bahnsteig auf die Liege gepackt wurde.
Sitzen ist ok, stehen eher noch  hui aber die CT Untersuchung passiert im Liegen. Rollstuhl, Gänge und erstmals das Gefühl wie Strange das alles ist. Erste Wahrnehmungen nach völliger Konzentration auf das Wesentliche.

Auf der Liege im Untersuchungsraum kommt es dann mit voller Wucht.
Mein Vater ist so gestorben.

Das Piepen. Die Monitore, Maschinen das Ganze Szenario. Er hat es nicht mitbekommen. Er hat nicht auf dem Rand der Liege oder im Rollstuhl gesessen. Er hat nach dem Cut das Bewusstsein nicht wieder erlangt. Trotzdem hatte er das selbe Programm, noch einmal in verschärft, weil Ohne Bewusstsein und mit akuter Gehirnblutung, vermutlich durch ein Aneurysma.

Ein CT natürlich auch und schnell. Ich habe später die Bilder gesehen, die Schnitte und der Neurologe hat mit erklärt, was passiert ist und welche Konsequenzen das hat, während drinnen die Maschinen einen Körper am Leben erhielten, dessen grundlegendste Steuerungsmechanismen unwiderruflich Zerstört waren.

Das war Tage später als wir aus den USA zurück waren und es hat mir damals die Gelegenheit gegeben mich zu verabschieden. Nicht mehr, nicht weniger.

Ich bin hier, das kreisrunde Teil über und um meinen rein kalibrierten Kopf, krasser Sound. Ansonsten alles recht schnell und untragisch.

Lunge röntgen schon anstrengender, vor Allem durch das Stehen.

Rollstuhl, retour, Neuverkabelung, Monitore, Piepen, Sauerstoffsättigung viel besser, mag aber noch nicht über 90% bleiben und sackt gelegentlich noch durch.

Ich bin da und begrüße freudig ein Gefühl der Stabilität, das ich so vorher nicht hatte. Vermutlich auch getrieben, vom jetzt alltäglich entspannten Umgang um mich herum. Ich bin da. Ich werde überwacht, aber ich bin nicht mehr der Mittelpunkt. Beruhigend.

Verlegung samt Zubehör aus dem Schockraum in ein anderes Geviert, Stecker, Monitore, Liege aber nicht mehr der ganze Notfallausstattungskram, sondern ein Schreibtisch, Rechner, Monitor, Drucker.
Auf der Anderen Seite, Verbandszeug, und der ganze andere Kram in Plastikschublädchen sortiert. Medizinbaumarktregal.

Langsam wird das Liegen lang und mein Rücken beschwert sich. Dafür bleibt der Blutsauerstoff konstant über 90% was ein Piepen weniger bedeutet.

Während sie immer wieder zu neuen Notfällen raus muss tippt die grundruhige Oberärztin was in meinem Zusammenhang zu dokumentieren ist, gibt telefonisch oder hereinschauenden Köpfen Auskünfte und telefoniert mir nebenbei ein Bett für die Nacht auf der inneren Station.

Erstmaliger Gedanke ob eigentlich meinerseits jemand zu informieren sei.
Es ist nach acht und ich wäre jetzt irgendwann in Berlin im Zulauf auf meine Wohnung.
Dort wartet niemand, akut ist nix gefährlich und Martha würd‘ ich das lieber selbst erzählen. Sie und Anke sorgen sich nicht, warum sollte ich ihnen jetzt welche machen?
Bleibt in München Bescheid zu geben, dass ich wohl angekommen bin aber eben halt woanders.
Das kann warten bis ich ein Bett habe und in Ruhe telefonieren kann.

gehe zurück auf los…

Was bedeutet es, wenn es mich raus kegelt wie im Brettspiel und die nächste Runde von Vorne gedreht werden muss?
Auf jeden Fall Mensch ärgere Dich nicht!
Deshalb heißt das Spiel ja so.

Was im Spiel gilt, sollte natürlich auch im Leben gelten, nur ist im Einen wie im Anderen die Fähigkeit dazu, je nach Temperament des Probanden, mehr oder weniger ausgeprägt.
Im Spiel wie im Leben gibt es die unterschiedlichsten Handlungsmuster, Strategien und eben auch Emotionen, die gewürzt durch die Interaktion mit Anderen Menschen zu einem dynamischen gemeinsamen Abschreiten eines ‚Parcours‘ wird. Im Spiel immer mit dem Ziel Erster, Bester, Schnellster, Größter oder strategisch Klügster zu sein.
Aber wie verhält sich das im Leben?

Was sind die Ziele derer die mit mir, um ich oder gegen mich sind und mit welchen Strategien verfolgen sie diese? Welche Dynamiken ergeben sich daraus in der Interaktion, wie viel davon ist durch Planung, Berechnung, Strategie, Anwendung von Wissen, empirisch oder sonst wie hinterlegt? Und: Was ist es, was im ‚richtigen Leben‘ die dynamische Spielkomponente des im Würfel manifestierten Kapitäns Zufall?

Es ist vorteilhaft den Raum und die Zeit zu haben sich in Situationen, in denen man rausgekegelt wurde ausgiebig mit diesen Prinzipien zu beschäftigen und der Frage nach zu gehen, wie dann am besten weiter zu gehen ist, wenn das Häuschen wieder verlassen werden darf, damit das erneute Besetzen des Startpunkts als Privileg und nicht als Bürde begriffen werden kann.

Dahin gibt es, wenn man sich denn die Reise gönnt, unterschiedliche Wege, die sich im Prinzip unterschiedlichen Effizienzmodellen zuordnen lassen, bestimmt durch die emotionale Struktur des Probanden. Diese sind so unterschiedlich, wie die Menschen selbst.
Daneben gibt es noch die Möglichkeit un- oder über-reflektiert wieder an den Start zu gehen um, welchem Zwang auch immer folgend, los zu stürzen und sein Konstrukt in die nächste Runde zu tragen.

Letzteres erlebe ich als die traurigste Variante, weil sie meiner Erfahrung nach ein sicherer Hinweis darauf ist, dass Menschen nicht ‚echt‘ sind, sondern ein, aus welchen Zwängen und Motiven auch immer, konstruiertes, komplexes Konstrukt abfeiern, das sie Geschaffen haben um an irgendeine Stelle ihres Selbst nicht hinschauen oder diese gar Berühren zu müssen.

Vor diesem Erfahrungshorizont sortiert sich meine Welt gerade zurück in eine überschaubare, verlässliche Dimension die ohne doppelte Böden auskommt und von den Mitspielern geprägt wird, die authentisch für sich stehen und wahrhaftig mit mir sind und eben nicht nur um mich, konkurrierend vor mir oder profitiabel mit mir sein wollen. Nur diese haben aus meiner Sicht begriffen worum es letztendlich geht.

Wir wollen lachen, hell und klar
unsre Tränen nicht verbergen
woll’n weder glänzen noch viel werben
doch am Ende wenn wir sterben
woll’n wir uns wissend dann
zum Abschied grüßen


Auf das der Weg,
wenn auch geschwungen
auch wenn vieles nicht gelungen
doch gefeiert und besungen
und bis zum seinem Ende
WIR und dann ganz WIR geworden sind

(Autor mir leider nicht bekannt)